Katholikentag in Erfurt eröffnet – Steinmeier ruft zu mehr Engagement auf

Bundespräsident Steinmeier hat den Katholikentag in Erfurt eröffnet. Mit Blick auf die Kirchen spricht er wegen eines großen Vertrauensverlustes von einer “dramatischen Veränderung”.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Kirchen zu mehr gesellschaftlichem Engagement ermutigt. “Es gibt in weiten Teilen unserer Gesellschaft eine wachsende Entfremdung, ja eine eigenartige Gleichgültigkeit gegenüber dem Religiösen und gegenüber dem, was über unser Leben hinausweist“, sagte Steinmeier am Mittwochabend bei der Eröffnung des 103. Katholikentags in Erfurt. “Geben die Kirchen hier zu wenig Anstoß? Ist ihre Botschaft zu leise, zu blass, zu wenig profitiert?“ Weiter erklärte der Bundespräsident, es gebe ja auch nicht wenige Menschen, die ernsthaft nach dem suchten, “was ihrem Leben Sinn und Richtung geben könnte“. Steinmeier: “Finden sie empathische Begleitung in unseren Gruppen, Gemeinden und Initiativen?“

Er bedauere zutiefst, dass die Kirchen einen großen Zustimmungs- und Vertrauensverlust erlebten. Diese Veränderung sei dramatisch, so Steinmeier. Dafür gebe es selbstgemachte Ursachen wie der “massenhafte Missbrauch”. Zugleich betonte er, der vielfältige Dienst von Christen gehöre zu dem, was “unsere ganze Geselllschaft trägt und zusammenhält”. Sozialverbände wie Caritas und Diakonie bräuchten als wichtige Dienste der Kirche an Menschen und stärkste Zeugnisse der Glaubwürdigkeit “Kraftquellen und innere Stärkung“. Dazu könne der Katholikentag beitragen. Er wisse, dass “sehr viel Gutes von den Christen unseres Landes ausgeht und dass im Hinblick auf die Zukunft schon mutige, manchmal streitbare, aber doch hoffnungsvolle Schritte getan werden“. Dafür sei er dankbar und das mache ihm Hoffnung. Engagierte Christen stellten sich aus ihrem Glauben heraus gerade heute sehr entschieden gegen die Extremisten und gegen die Feinde der Demokratie. In diesem Zusammenhang erinnerte er auch an die Erklärung der Bischöfe zur AfD mit dem Titel: “Völlkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar”. 

Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, appellierte an die Mitverantwortung der Christinnen und Christen für Demokratie und “das Gefühl von Freiheit, das uns jeden Tag tragen kann“. Die Demokratie sei derzeit bedroht. “Wir brauchen sie aber, und wir müssen sie pflegen“, so Stetter-Karp. Der Katholikentag solle fünf Tage lang ein Ort sein, “an dem man sich von anderen stärken lassen kann. Ein Ort, an dem sich Angst in Mut verwandelt, Gewissheit in Tatkraft und Gottvertrauen in Nächstenliebe.“ Vor allem sei der Katholikentag “ein Ort der Begegnung“. Sie rief die Christen dazu auf, Herzen und Ohren zu öffnen, damit “Friede einziehen kann – und wir anderen Frieden geben können“.

Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr dankte auch den evangelischen Mitchristen, die sich für die Großveranstaltung engagiert hätten. “Wir feiern eigentlich einen ökumenischen Kirchentag“, so der Bischof.Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) begrüßte die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Katholikentags. Er erklärte, er wünsche sich in dieser Zeit mehr Gottvertrauen. Zugleich betonte er, er habe die Hoffnung, in einer Welt zu leben, die friedlich sei. Dass es nicht immer mehr Waffen und immer mehr militärische Gewalt gebe, so der Ministerpräsident. 

An der offiziellen Eröffnung nahmen nach Veranstalterangaben 6.000 Menschen teil. Im Anschluss begann der Abend der Begegnung. An den Domstufen fand dann zu später Stunde der Abendsegen statt. Dieser wird auch an den folgenden Abenden gespendet.