
Artikelserie
Josef Pfaffenheuser
1428/29
Folge 3
der Artikelserie zur Geschichte der Niederwerther Kirche
Die Lebensweise der seit 1275 auf Niederwerth bezeugten Klausnerinnen war in kirchlichen Kreisen spätestens Ende des 14. Jahrhunderts nicht mehr geschätzt, nicht zuletzt, weil der bischöfliche Einfluss auf solche Gemeinschaften gering war. Um das Jahr 1428 wurden die Klausnerinnen von Niederwerth nach Besselich bei Urbar umgesiedelt, wo seit 1313 eine Klause bestand; begründet wurde dieses Vorgehen von Seiten des damaligen Erzbischofs Otto von Ziegenhain mit der angeblichen Zügellosigkeit der Gemeinschaft. Wahrscheinlicher ist ein anderes Motiv: Otto hatte so einen passenden Ort für die Aufnahme eines Augustiner-Chorherren-Konventes im Erzstift Trier gefunden, von dem er sich wichtige geistliche Impulse für sein Erzbistum erhoffte.
Otto gewährte Augustiner-Chorherren aus dem Kloster Agnetenberg bei Zwolle im Bistum Utrecht auf Niederwerth Zuflucht, die das Bistum Utrecht wegen eines Schismas verlassen mussten. Er übergab der Klosterneugründung 1429 den Besitz und die Einkünfte der von ihm aufgehobenen Niederwerther St. Georgsklause mit der erzbischöflichen Gangolfkapelle sowie der ebenfalls aufgehobenen Klause in Kärlich und wies ihnen zudem erzbischöfliche Rechte und Güter, wie den Hasenkammerhof, zu. Wegen des Todes des Erzbischofs am 13. Februar 1430 verzögerte sich allerdings die rechtliche Bestätigung der Gründung und ein Stiftungsbrief wurde nicht mehr ausgestellt; zudem kam es im Erzstift Trier nun ebenfalls zu einem Schisma: Die Mehrheit des Trierer Domkapitels hatte sich für Jakob von Sierck ausgesprochen, eine Minderheit für Ulrich von Manderscheid, der aber vom Adel unterstützt wurde. Papst Martin V. hatte schließlich mit Rhaban von Helmstatt einen ganz anderen Kandidaten zum Erzbischof ernannt. Die Folge waren gewalttätige Auseinandersetzungen im Erzbistum, schwerwiegende Differenzen zwischen Domkapitel und Papst und ein Interdikt über das Erzstift. Die Chorherren waren also vom Regen in die Traufe gekommen.
St. Georg tötet den Drachen – Statue in der Kirche St. Georg, Niederwerth